Foraminiferen

Material Mikroorganismen, die am häufigsten in den Ozeanen leben

 Eine Schwarz-Weiß-Mikrofotografie der abgerundeten Oberfläche einer winzigen Foraminiferenschale, die mit kleinen Punkten bedeckt ist und in der Mitte eine sternförmige Struktur aufweist.

Eine elektronenmikroskopische Aufnahme einer Foraminiferenart (Elphidium) (Quelle: Hannes Grobe/Wikimedia, CC BY)

Ein wichtiger Bestandteil der mikropaläontologischen Sammlungen des Museums für Naturkunde Berlin1 sind Foraminiferen, marine Einzeller. Ihr weicher, amöbenartiger Körper ist von einer äußeren Schale aus Kalziumkarbonat umhüllt, dem so genannten Test. Trotz oder gerade wegen ihrer geringen Größe spielen sie in der Ökologie unseres Planeten eine entscheidende Rolle. Als Heterotrophe ernähren sie sich in erster Linie von anderen mikroskopisch kleinen Organismen, die um sie herum treiben; die meisten Foraminiferen haben jedoch photosynthetische Endosymbionten – noch kleinere Organismen, die in ihren Körpern eingebettet sind und Licht in Energie umwandeln, die die Foraminiferen dann nutzen können. Einige wenige Arten sind auch als Kleptoplasten bekannt, d.h. sie können Chloroplasten von Algen stehlen. Wenn die Foraminiferen-Zelle stirbt, sinken ihre harten, kieselhaltigen Schalen hinab und bedecken den Meeresboden mit einem kohlenstoffhaltigen Schlamm. Dank ihrer Struktur und Zusammensetzung bleiben diese Überreste erhalten und versteinern, wenn sie in Sedimenten und geologischen Schichten eingeschlossen werden. Aufgrund dieses Prozesses finden sich die Mikrofossilien von Foraminiferen in verschiedenen geologischen Formationen und stellen eine wichtige und oft leicht zugängliche Quelle fossilen Materials dar. In der Tat werden Foraminiferen schon seit ihrer Entdeckung zur Untersuchung von mikropaläontologische Formationen verwendet. Von allen Mikrofossilien sind Foraminiferen am besten erforscht, was teilweise an ihrem Vorkommen in weitverbreiteten Gesteinen wie Kalkstein liegt; schon Herodot hatte sie in den Steinen bemerkt, die zum Bau der Pyramiden von Gizeh verwendet wurden.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hielten Naturforscher wie Alcide d’Orbigny sie für mikroskopisch kleine Kopffüßer (Weichtiere wie Tintenfische, Oktopusse und Nautiliden). Erst 1835 erkannte ein anderer französischer Naturforscher, Felix Dujardin, ihren protozoischen Charakter, aber die Anfänge der Mikropaläontologie führten bis zum Ende des Jahrhunderts unter Wissenschaftler:innen zu einer gewissen Ratlosigkeit, da sie auf evolutionäre Sackgassen zu stoßen schienen. Dies wirkte sich auch auf die Erforschung der Foraminiferen aus.

Das änderte sich erst in den 1920er Jahren, als eine Gruppe Wissenschaftler:innen die industrielle Mikropaläontologie ins Leben rief. Dank ihrer geringen Größe, ihrer Widerstandsfähigkeit, ihrer Häufigkeit und ihrer Vielfalt werden die Foraminiferen seither in großem Umfang für geologische und ozeanografische Untersuchungen genutzt: Ihre beeindruckenden Überreste (die bis ins Kambrium vor 500 Millionen Jahren datiert werden können) machen sie zu wichtigen diagnostischen Fossilien. Als solche werden sie in der Biostratigrafie zur Datierung geologischer Proben verwendet. Einige Arten können wichtige Umweltdaten liefern und werden in den Planetenwissenschaften als Proxy-Indikator und Marker vergangener Klimabedingungen verwendet. Außerdem können sie dank ihrer geringen Größe leicht aus dem Schnitt einer geologischen Bohrung entnommen und analysiert werden, was ihre Verwendung einfach, kostengünstig und effizient macht. Aus diesen Gründen sind sie nicht nur in der Paläoklimatologie und der Paläozeanografie von zentraler Bedeutung, sondern auch in der Angewandten Geologie, beispielsweise bei der Prospektion fossiler Brennstoffe, und in der Rohstoffindustrie im Allgemeinen.

Dieses Video aus dem American Museum of Natural History gibt eine Einführung in die Mikropaläontologie von Foraminiferen. (Quelle: American Museum of Natural History/YouTube)


  1. Zu den mikropaläontologischen Sammlungen des Museums für Naturkunde Berlin: https://www.museumfuernaturkunde.berlin/de/wissenschaft/mikropalaeontologiesammlungen (03.01.2022).
Tiere als Objekte? Eine Webseite des Forschungsprojekts “Tiere als Objekte. Zoologische Gärten und Naturkundemuseum in Berlin, 1810 bis 2020”, herausgegeben von Ina Heumann und Tahani Nadim. Datenschutzerklärung | Impressum