Futterliste 1945

Material Futterlisten im Zoo der Nachkriegszeit

Maschinenabschrift mit Überschriften: Tierbestand; Futtermittel des Zoos für einen Monat.

Auflistung des Futtermittelbedarfs für die Großtiere des Berliner Zoos vom 18.09.1945. (AZGB. Alle Rechte vorbehalten.)

Listen, die den jeweiligen Bedarf an Futtermitteln von Zootieren abbilden, gehören nicht nur zur Praxis und Routine in zoologischen Gärten. Sie geben auch Einblicke in die Geschichte eines Zoos – wie hier in die Tierbestände und die Ernährungslage des Berliner Zoos in den Nachkriegsjahren. Um die Futtermittelversorgung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu sichern und neu zu regeln, musste zuerst einmal der Bedarf festgestellt werden. Jeden Monat reichte die damalige Zoodirektorin Katharina Heinroth daher beim Haupternährungsamt, das für die Futtermittelbeschaffung zuständig war, eine Auflistung des Futtermittelbedarfs für ihre Tiere ein. Diese Listen waren für die Zootiere existentiell, da Katharina Heinroth und ihre Mitarbeiter:innen die Tiere allein nicht ernähren konnten. Sie verweisen damit auf die administrativen Verbindungen zu den Berliner Behörden und verraten zugleich etwas über die Entwicklung des Tierbestands im Garten. Nach Ende des Krieges zählte der Zoo nur noch rund 80 Tiere. Durch den Tausch von Tieren und zahlreiche Tiergeschenke aus der Berliner Bevölkerung und von einem Zirkus stieg diese Zahl im Herbst 1945 aber bereits wieder auf 240. Nachdem die Alliierte Kommandantur dem Zoo aber im November 1945 wegen der schlechten Ernährungslage der Stadt ein Anschaffungsverbot für Großtiere auferlegt hatte, blieb der Futtermittelbedarf in den folgenden Jahren relativ stabil.

Die Futterfrage verschärfte sich erneut während der Berlin-Blockade von Juni 1948 bis Mai 1949, als es zu großen Engpässen in der Lebensmittel- und Futterbeschaffung kam. Der aufgelistete Bedarf konnte nicht mehr gedeckt werden. Obwohl der zuständige Ernährungssenator dem Zoo unbrauchbar gewordene Nahrungsmittel zu Futterzwecken zuwies, hatten Heinroth und ihre Mitarbeiter:innen weder ausreichend Futtermittel, noch konnten sie Heu, Futterrüben und Möhren von den Pachtflächen des Zoos im Umland einfahren, die nun im russischen Sektor lagen. Hafer, Kleie und Sämereien mussten daher während der Blockade eingeflogen werden. Ein Forstdirektor wiederum verpachtete dem Zoo zwölf Hektar Land im Grunewald, auf dem die Zoomitarbeiter:innen, nachdem sie die zerschossenen Baumstubben gerodet hatten, Grünfutter anbauen konnten.1

Anfang der 1950er Jahre, als nicht nur der Tierhandel neuen Aufschwung nahm, sondern sich auch die Ernährungslage im Raum Berlin entspannte, konnten Katharina Heinroth und ihre Mitarbeiter:innen wieder ausreichend Futter und neue Tiere beschaffen.2 Mit dem wachsenden Tierbestand wuchs entsprechend der monatliche Futtermittelbedarf. Die Listen sind damit nicht zuletzt Indikatoren von Krisenzeiten und Konjunkturen.

Transkript

Abschrift/P

Aktien-Verein des Zoologischen Gartens zu Berlin

Tierbestand des Zoologischen Gartens Berlin

am 18.9.1945

insgesamt 240 Tiere.

darunter folgende Grosstiere:

3 Löwen / 2 Hyänen / 2 Bären / 2 Wölfe / 10 Waschbären / 1 Zibethkatze / 6 Füchse / 1 Elefant / 1 Nilpferd / 3 Zebus / 1 Yak / 1 Watussirind / 9 Pferde / 1 Rentier / 6 Schafe / 2 Ziegen / 2 Damhirsche / 1 Hirsch / 2 Rehe / 3 Kühe / 1 Schimpansen

(die Kleintiere sind nicht aufgeführt ebenso Affen, Vögel, Hunde, Stachelschwein usw.)

Futtermittel des Zoos für einen Monat

Heu 3000 kg / Stroh 1000 kg / Futterrüben 3500 kg / Kleie 500 kg / Mischfutter 1500 kg / Körnerfutter 300 kg / Brotabfälle 400 kg / Häcksel 450 kg / Hafer 300 kg / Hundekuchen 200 kg / Gemüse 540 kg / Obst 250 kg / Fleischabfälle 550 kg / Pferdefleisch 650 kg / Futterkartoffel 600 kg / Futtermöhren 150 kg / Teigwaren 35 kg / Haferflocken 100 kg / Sonnenblumenkerne 35 kg / Spitzsaat 15 kg / Hanf 15 kg / Weissbrot o. Mehl 15 kg / Hirse 15 kg / Zucker 10 kg

Für die Richtigkeit der Angaben zeichnet

gez. Unterschrift


  1. Vgl. Katharina Heinroth, Bericht über die Zeit vom 01.01.1948 bis 31.12.1950 auf der Hauptversammlung des Actien-Vereins des Zoologischen Gartens Berlin, 21.05.1951, AZGB; Katharina Heinroth. Mit Faltern begann’s: Mein Leben mit Tieren in Breslau, München und Berlin. München: Kindler, 1979: 169-170.
  2. Vgl. K. Heinroth an U. Bergman, 07.03.1950, AZGB N 4/12.
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